Alarmübung im Lohbergtunnel


Brandereignis mit Atemschutznotfall: Alarmübung im Lohbergtunnel
Am vergangenen Samstag fand die jährlich vorgeschriebene Übung im Lohbergtunnel statt. Der Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf der Überprüfung des kürzlich überarbeiteten Einsatzplanes. Im Rahmen der Übung kam es planmäßig außerdem zu einem – den Teilnehmern nicht angekündigten – Zwischenfall, einem sogenannten Atemschutznotfall.
Ein Brandereignis in einem Straßentunnel erfordert eine grundsätzlich andere Vorgehensweise als beispielsweise bei einem Wohnungsbrand. Gründe hierfür sind unter anderem lange Laufwege, nicht beeinflussbare Strömungsverhältnisse sowie möglicherweise eine große Zahl von betroffenen Personen, welche auf einer langen Strecke verteilt sind.
Die Feuerwehr Mühltal setzt beim Brandereignis im Tunnel auf den aus der Schweiz stammenden taktischen Grundsatz „Retten durch Löschen“. Das bedeutet, dass man mit einer priorisierten Brandbekämpfung in die Ausbreitung von Feuer und Rauch eingreift, um die Überlebenschancen aller Personen zu erhöhen, die sich nicht eigenständig aus dem Tunnel retten konnten. Diese schnelle Brandbekämpfung erfolgt durch Einfahrt eines Löschfahrzeugs über die rauchfreie Tunnelseite, die so genannte „Anströmseite“ zum Brandobjekt.
Auf der „Abströmseite“, also der verrauchten Seite des Tunnels, dringen parallel fußläufig weitere Einheiten unter Atemschutz mit Wärmebildkameras, Suchstöcken, Brandfluchthauben und speziellen Rolltragen zum Suchen und Retten von Personen vor. Die Vorgehensweise folgt einer etablierten Such- und Rettungstaktik.
Die Haupt-Strömungsrichtung im Lohbergtunnel ist regulär Richtung Süden, kann aber je nach Wetterlage an einigen Tagen im Jahr variieren. Daher kann bei einer Alarmierung nie vorhergesagt werden, von welcher Portalseite das Suchen und Retten und von welcher die Brandbekämpfung durchgeführt wird. Dies klärt sich erst mit Ankunft der ersten Einheiten am Tunnel. Durch den Zugführer der Ortsteilfeuerwehr Nieder-Ramstadt werden in der Folge die vordringenden Einheiten beider Portalseiten im „Einsatzabschnitt Tunnel“ koordiniert. Er verfügt hierfür im Betriebsgebäude am Südportal über weitreichende Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten.
Der erste Teil des diesjährigen Szenarios war vergleichsweise harmlos: Die Ladung eines Kleinbus-Anhängers war in Brand geraten, das Gespann war nördlich der Pannenbucht zum Stehen gekommen. Aufgrund der zunächst noch mäßigen Rauchentwicklung konnten alle übrigen Verkehrsteilnehmer den Tunnel verlassen, die Übungsteilnehmer konnten mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass initial kein Menschenleben in Gefahr ist.
Für die Übungsdarstellung wurde ein Fahrzeug mit Anhänger des Bauhofs Mühltal, sowie eine gasbefeuerte Übungsbrandstelle verwendet. Um im zugigen Tunnel ein Mindestmaß an realistischer Rauchentwicklung zu bekommen, hatte einer der beiden Übungs-Organisatoren zwei leistungsstarke Nebelmaschinen leihweise aus seinem Unternehmen mitgebracht.
Zu Dokumentationszwecken wurden zudem mehrere Videokameras eingesetzt: Sowohl statisch, als auch dynamisch durch einen, im Rahmen der Übung unentgeltlich tätigen, professionellen Videoproduzenten.
Um 15:03 Uhr wurde der Notruf in einer der Notrufnischen des Tunnels abgesetzt. Die Tunnelleitzentrale Hessen in Eschwege leitete diesen Notruf an die Leitstelle in Dieburg weiter, welche die Feuerwehren von Mühltal, Ober-Ramstadt Kernstadt, sowie drei Rettungswagen und ein Notarzt-Einsatzfahrzeug alarmierte. Dies entspricht dem neuen Alarmstichwort „Lohbergtunnel F Klein (Pkw-Brand)“.
Die Einsatzfahrzeuge fuhren daraufhin ihre jeweils festgelegten Orte, wie Südportal, Nordportal und Bereitstellungsräume an. Das Nordportal stellte sich bei Ankunft als rauchfrei heraus, am Südportal hingegen trat Rauch aus.
Während ein Löschfahrzeug der Ortsteilfeuerwehr Traisa vom Nordportal aus zur Brandbekämpfung einfuhr, formierten sich am Südportal Such- und Rettungseinheiten aus den Ortsteilfeuerwehren Frankenhausen, Nieder-Ramstadt und Waschenbach.
Als die Löscharbeiten in vollem Gange waren, wurde durch die Übungsleitung eine für solche Einsatzübungen ungewöhnliche Unterbrechung durchgeführt. Die komplette Fahrzeugbesatzung des Löschfahrzeugs wurde zusammengerufen und darüber informiert, dass sie nun in die Rolle von Schauspielern wechseln müssen. Nun begann der anspruchsvolle Teil der Übung. Das Szenario: Durch eine Explosion werden zwei Einsatzkräfte schwer und drei weitere leicht verletzt, überall liegen Trümmer umher. Das Feuer breitet sich aus und bedroht nun auch einen Atemschutzgeräteträger, der über die hohe Bordwand von einer Leiter in den Anhänger hineingestürzt und von außen nicht erreichbar ist.
Innerhalb von ca. 15 min wurden nun Drehbuch vermittelt, Kleidung gewechselt, Verletzungsmanschetten angelegt, Kunstblut und Trümmer verteilt sowie Positionen eingenommen. Eine Kameradin musste leider in die Zuschauer-Rolle wechseln, da ihrer Funktion in der Einheit besonders schwere Verletzungen zugedacht waren, für welche aufgrund des hohen Darstellungsaufwandes und der tatsächlichen Gefährdung durch das Übungsfeuer bereits vor der Übung ein Dummy vorbereitet worden war.
Nach Bekanntgabe der Übungsfortsetzung sorgte ein Knall dafür, dass weiteren Übungsteilnehmern ein Notfall signalisiert wurde. Durch den einzigen Unverletzten der Fahrzeugbesatzung wurde eine sogenannte Mayday-Meldung abgesetzt und sofort war der Tunnelabschnitt in Panik, Schmerzschreie, Alarmsignale der Atemschutzgeräte, Feuer, Rauch und einen breiten Wasserstrahl gehüllt, welchen die leicht verletzten Einsatzkräfte zur Abschirmung des eingeschlossenen und vom Feuer bedrohten Atemschutzgeräteträgers erzeugten.
Nun mussten Rettungseinheiten von Nord- und Südportal aus ihren eigenen Kameradinnen und Kameraden zu Hilfe eilen, hierbei kamen nun auch Einheiten der Ortsteilfeuerwehr Nieder-Beerbach sowie der Feuerwehr Ober-Ramstadt / Kernstadt zum Einsatz. Auch diese Maßnahmen wurden durch den Abschnittsleiter Tunnel koordiniert. Die ersten beiden Rettungseinheiten schafften es innerhalb weniger Minuten, den eingeschlossenen Atemschutzgeräteträger zu befreien und alle Verletzten in den Fluchtstollen zu verbringen. Dort wurden sie von den Einsatzkräften des „Einsatzabschnitt Fluchtstollen“ übernommen und zum einzigen Fluchtstollenausgang am Südportal transportiert, wo sie dem Rettungsdienst-Personal übergeben wurden.
Die Übung hat gezeigt, dass der überarbeitete Einsatzplan praxistauglich ist und auf einen Atemschutznotfall adäquat reagiert werden kann. Trotzdem war Optimierungsbedarf erkennbar, welcher in den folgenden Nachbesprechungen bearbeitet und im Rahmen weiterer Ausbildungseinheiten überprüft wird.
Wir bedanken uns bei allen, die uns mit Material und/oder Tatkraft bei der Umsetzung und Dokumentation dieser Übung unterstützt haben.

 

 

Während der Übung war ein professioneller Videograph zugegen, der uns hautnah während den Vorbereitungen und der Durchführung begleiten durfte.
Als Dank, dass ihn die organisierende Feuerwehr Nieder-Ramstadt eingeladen hat und teilhaben ließ, schenkt er uns nun dieses Video.
Wir sagen voller Begeisterung: Vielen lieben Dank, Nils!